Ein Schlag in die Fresse

An manchen Tagen fühle ich mich sehr dünnhäutig. In Kombination mit meiner mir ohnehin schon zueigenen Unsicherheit, was Selbstbewusstsein und souveränes soziales Auftreten angeht, ist das ziemlich ungünstig. Vielleicht meinte er es heute ja gar nicht so mit seinen spitzfindigen Kommentaren und hat einfach nur einen Witz gemacht. Und vielleicht haben die Kollegen, die anschließend ins Lachen einfielen, auch gar nicht explizit über mich, sondern über die Situation gelacht. Vielleicht habe ich mir die Gehässigkeit auch nur eingebildet und sehe Angriffe, wo keine sind; Gefahren, die in Wahrheit Chancen sind, um meine Mitmenschen besser zu verstehen. Und vielleicht würde mir das ganze auch nicht so schwer fallen, wenn ich solche Situationen nicht so stark zerdenken und analysieren würde.
Vielleicht.
Und trotzdem…
Trotz all dieser „vielleicht“ brennt etwas in mir.
Eine Frage.
Ein Zweifel.
Bewege ich mich gerade wieder in die Richtung, in alte Muster zu verfallen und ein Opfer zu werden? Oder übertreibe ich und sollte mich mal locker machen und klarkommen?
Ich wünsche mir in diesen Momenten die Einfachheit im Ring zurück. Der Wettkampf ist einfach, ehrlich und lässt wenig Spielraum für Interpretationen. Kein Lächeln mit Zähnen, hinter dem sich Gift verbirgt. Ein Schlag in die Fresse ist ein Schlag in die Fresse, mit all seinen direkten und unmittelbaren Konsequenzen. Meine Antwort darauf ist nicht wohlüberlegt, sondern instinktiv. Mir fehlt diese Simplizität.
Stattdessen trage ich wieder eine Maske und will Leuten gefallen, die ich nicht einmal selber leiden kann. Ich lache mit, obwohl ich kotzen könnte bei dem Gedanken, ihnen nicht einfach das Grinsen aus dem Gesicht zu treten.
Wer bin ich eigentlich und wer will ich sein?
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